Interview mit Thomas Anders vom Berliner Werkstattrat


30. Mai 2017
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Am 05. Mai 2017 fand zum 25. Mal der europäische Protesttag unter dem Motto „Wir gestalten unsere Stadt- Einfach machen – für alle“ statt.

Zu dieser Gelegenheit konnte ich Herrn Anders von der USE gGmbH im Vorfeld interviewen.

Hallo Herr Anders! Vielleicht können Sie den Lesern und mir einmal kurz was über sich erzählen?

Hallo! Ich bin Thomas Anders und seit 17 Jahren in einer Werkstatt für Behinderte. Vorher habe ich auf dem 1. Arbeitsmarkt gearbeitet. Nach der Wende hab ich mal dies, mal jenes gemacht und nach einem Unfall kam ich dann in die Werkstatt, USE – Union Sozialer Einrichtungen gGmbH. Dort habe ich die Abteilung Metallbau mit aufgebaut, seit elf Jahren arbeite ich in der Abteilung Tierpflege. Außerdem bin ich seit 13 Jahren im Vorstand des Werkstattrates der USE und seit vier Jahren der 1. Vorsitzende. Auch bin ich seit neun Jahren im Berliner Werkstattrat.

Das ist ziemlich beeindruckend, vor allem da Sie sich auch schon solange engagieren! Erzählen Sie uns, warum Sie denn heute mit laufen?

Mein Motto sagt, dass die Gesellschaft einfach noch nicht soweit ist. In Werkstätten für behinderte Menschen geht es schon lange nicht mehr darum bloß Schrauben zu sortieren! Die Arbeit, die die Beschäftigten leisten ist gleichzustellen mit den Arbeitsergebnissen aus dem 1. Arbeitsmarkt. Deswegen fordere ich, dass auch das Zertifikat nach zwei Jahren Berufsbildungsbereich von der IHK anerkannt wird. Außerdem sollten die Beschäftigten, ihr Geld aus einer Hand bekommen, nämlich von der Werkstatt, ihrem Arbeitgeber. Dazu fordere ich auch abzugsfreie Sonderzahlungen, wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld.

Das klingt sehr gut. Ich hoffe für uns, dass dies bald in die Realität umgesetzt wird. Hatten Sie denn im Vorfeld die Gelegenheit sich mit den Beschäftigten und deren Vertretern zu unterhalten und ihre Wünsche zu hören? Gab es besondere Forderungen aus den Werkstätten?

Ja, diese Gelegenheit hatte ich. Ihre Ziele sind auch meine Ziele und ich spreche hier von ca. 10.000 Beschäftigten! Ihr Fokus liegt auf der Anerkennung des Zertifikates, denn im Saarland ist dies schließlich schon der Fall. Wenn es auch endlich in Berlin soweit wäre, hätten meine Kollegen auch bessere Chancen auf dem 1. Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ich kann nur für die USE sprechen, aber wir haben sehr viele Fachrichtungen bei denen die Ausbildung sich kaum von der auf dem 1. Arbeitsmarkt unterscheidet, wie bei der Tierhaltung. Dazu kommen natürlich noch die Forderungen nach der abzugsfreien Sonderzahlung und dem Geld aus einer Hand, aber auch bezahlbarer barrierefreier Wohnraum und ein Budget für Arbeit lag meinen Kolleginnen und Kollegen am Herzen.

Was glauben Sie, müssen wir tun um diese Forderungen zu erreichen bzw. was können wir dazu beitragen?

Wir müssen weiterhin auf die Straße gehen und demonstrieren, die Medien auf uns aufmerksam machen. Dabei ist der Projekttag „ Schichtwechsel“ eine gute Idee. Die Werkstattrat Arbeit spielt eine große Rolle und auch, wenn wir manchmal gegen Mauern rennen, dürfen wir uns nicht kleinkriegen lassen. Wir müssen es schaffen, die Gesellschaft und die Politik wach zu rütteln. Ich werde mich auch, wenn ich Rentner bin, weiterhin für unsere Rechte einsetzen. Die Fahnenstange ist noch lange nicht zu Ende!

Vielen Dank Herr Anders und gutes Gelingen!

Zum Abschluss des Interviews möchte ich mich noch einmal bei Herrn Anders bedanken. Für Ihn ist es seit Jahren eine Herzensangelegenheit sich für die Rechte der Menschen mit Behinderung stark zu machen. Ich wünsche mir persönlich, dass es mehr Menschen mit seinem Engagement gibt, die selbstlos ihre Kraft und Mühe für auch für andere investieren.

 

Autor: Beatrix Babenschneider, LWB; Außenarbeitsplatz bei der LAG WfbM e.V. Berlin, ist seit 2 Jahren dabei



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