Wie ich Berlin erkundete, statt darin unterzugehen


14. August 2017
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Als ich 2008 nach Berlin gezogen bin, kam ich aus einer mittelgroßen Stadt (circa 150.000 Einwohner) im Süden von Hessen. Ich dachte, ich würde in so einer riesigen Stadt, als unbedeutende Person, untergehen, doch stattdessen fing ich an, sie auf meine eigene Art und Weise zu erkunden. Ich habe mir erstmal eine Grundstruktur gesucht, anhand der ich weiß, was ich wo einordnen kann. Gefunden habe ich den S- und U-Bahnplan, da ich ihn immer verwenden musste, wenn ich zu interessanten Orten gefahren bin. Zu solchen Orten zählten Bastelläden und Spielegruppen.

Bei einem Spaziergang durch Charlottenburg und Moabit fiel mir auf, das ganz viele Straßennamen auch in Monopoly drin vorkommen. Von Turm- und Badstraße, über Goethe- und Schillerstraße, bis hin zur allseits bekannten Schlossallee waren fast alle vertreten. Da kam mir der Gedanke: „Wäre es nicht cool, ein individuelles Berlinbrett zu machen?“

Also fing ich in meiner Freizeit an, Fotos von Straßenschildern zu machen. Möglichst so, dass der Hintergrund auch zum Inhalt passte. Bei der Turmstraße war das noch einfach, weil eine Kirche direkt nebenan war. Doch bei anderen war das ein bisschen komplizierter. Da das Gebäude, auf das sich das Schild bezog, zu groß war, als dass man es noch hätte erkennen können. Da musste man ein bisschen tricksen. Praktisch war es, wenn man bei einem Schild nur noch dessen Inhalt ändern musste. Schwieriger war es, wenn man nur einen Laternenpfahl hatte und das ganze Schild neu montieren musste.

Nur damit kein falscher Eindruck entsteht: Ich habe das Schild immer mit dem Hintergrund in Verbindung gebracht, der dort wirklich ist. Nur passten die Standpunkte nicht immer zusammen, also habe ich digital nachgeholfen.

Nachdem ich alle Fotos gemacht hatte, musste ich sie nur in die passende Form bringen. Was mir bei Monopoly schon immer auf die Nerven ging, war, dass es immer vier Ecken hatte und es kein Münzgeld gab. Daher habe ich das schon aus Prinzip nicht gemacht. Es musste also eine Alternative her. Da fiel mir meine „Mensch ärger dich nicht“-Polygonvarianten ein, die ich in meiner Jugend mal gemachte hatte. Das größte Brett hatte 8 Ecken und irgendwie erschien mir die die Idee, beide zu kombinieren, reizvoll.

Doch war das wirklich so gut? Ich musste die Idee einfach mal reifen lassen. Während ich so darüber nachdachte, wie ich die vielen Figuren intergieren könnte, fiel mir auf, das der Titel ja noch eine entscheidende Information enthielt: MONO POLIS = eine Stadt! Wenn man durch die Stadt reist, dann ist man eher selten zu Fuß unterwegs und es läuft auch nicht immer reibungslos. So kam es, dass ich Ereigniskarten entwickelte, die die Bewegungsreichweite beeinflussen können und Zusatzfelder, die „Mensch ärger dich nicht“-Elemente enthalten.

Diese ganze grafische Gestaltung habe ich in der Werkstatt immer dann gemacht, wenn ich ein bisschen Luft hatte, weil gerade eine Konferenz ist, bei der man nicht stören darf oder die Auftragslage nicht so dicht war, dass man auch was zwischendurch machen kann. Das lief soweit ganz gut, bis eines Tages einer der Chefs auf mich zukam und fragte, ob ich nicht ein bisschen mehr daraus machen möchte. Ich erfuhr vom Hamburger Kunstverband, der einen Designwettbewerb ausgeschrieben hatte, an dem ich teilnehmen durfte.

Ich weiß nicht, was ich daraus geworden wäre, wenn ich „nein“ gesagt hätte. Wahrscheinlich wäre es in irgendeiner Schublade verschwunden, da ich mich mit Fertigstellung immer eher schwertue. Aber zum Glück habe ich es zu einem offiziellen Projekt gemacht und so wurde es noch besser, als ich erwartet hatte. Die Feinschliffarbeiten an der Grafik und das Aufziehen auf Pappe beim Produzieren hätte ich wahrscheinlich nicht allein hinbekommen.

Doch damit nicht genug! Mein Spiel wurde beim Wettbewerb in die TOP 100 gewählt und damit Teil an der Siegerausstellung in Hamburg und drei weiteren deutschen Städten

AUTOR: Jannis Mansholt , VIA Werkstätten, ist seit neun Jahren dabei.
„Ich mache einzigartige Spiele, nach Wunsch auch individuell gestaltet!“



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